Computer sind komplex. Sie bis ins letzte Detail zu verstehen, grenzt an Unmöglichkeit. Doch wer Wert auf ein freies und selbstbestimmtes Leben legt, kommt um ein Mindestmaß an Computerverständnis nicht umhin. Denn die Digitalisierung würfelt unsere Gesellschaft ganz schön durcheinander. Damit wir für die technischen Entwicklungen als Gesellschaft Verantwortung übernehmen können, sollten wir unabhängig davon entscheidungsfähig sein.
Um mündig zu sein ist es nicht nötig, alles immer und in jedem Augenblick perfekt zu machen. Digitale Mündigkeit bedeutet, Verantwortung für das eigene Handeln im digitalen Raum selbst zu tragen.
Leena Simon ist graduierte Philosophin, IT-Beraterin und Netzpolitologin und beschäftigt sich mit digitaler Mündigkeit und Technikpaternalismus. Sie arbeitet u.a. für das Anti-Stalking-Projekt im Frieda Frauenzentrum in Berlin und für Digitalcourage e.V.
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Digitale Mündigkeit ist gar nicht so schwer:
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Z.B. als Workshop wie beim Nürnberger Fachtag Allgemeine Pädagogik vom Institut für Pädagogik und Schulpsychologie (Veranstaltungsflyer als PDF)
Nach einem kurzen Einstiegsvortrag können Eltern all die Fragen stellen, die sie in Bezug auf Internet und ihre Kinder haben.
Z.B. als Vortrag und Fachgespräch wie beim Anti-Stalking-Projekt. Für alle, die sich im Umgang mit Computern sicherer fühlen möchten.
Z.B. zum Thema Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit – Utopie oder Dystopie? wie auf der Open! 2017 oder zu Hass im Netz wie auf der FlauschCon 2012.
Netzpolitik als emanzipatorisches Thema z.B. als Vortrag wie Frauen und Freie Software auf dem ChemnitzerLinuxTag (2010), als Projektkoordination wie bei Frauen im Netz (2010), als Panelteilnehmerin wie bei Women and Geek Culture; What's the Problem Guys? auf der Sigint (2010).
Workshop/Fortbildung für Beratungsstellen, Frauenhäuser, Organisationen, Soziale Einrichtungen
Warum Falschnachrichten sich so schnell verbreiten, welchen Schaden sie anrichten, und wie man dem entgegenwirkt.
E-Mail mit Honorarangebot an info@muendigkeit.digital
„Herzlichen Dank für den Vortrag gestern! Er war super informativ, lehrreich, anregend und dabei echt spritzig. Es wurden alle im Publikum mitgenommen – ob diejenigen, die längst netzaffin unterwegs sind, oder diejenigen, die sich dort nur sparsam bewegen. Viele kritische Punkte, die uns in unserer Organisation seit längerem bewegen und beunruhigen, kamen zur Sprache. Und der Vortrag lieferte viele für uns hilfreiche Lösungsansätze, wichtige Gefahrenhinweise und notwendige gesellschaftspolitische Kontextualisierungen. Für uns als Zuhörende waren außerdem wichtig: die grundlegende Haltung der Solidarität, die feministische Grundhaltung, die konkrete Hilfestellung bzgl. Cyberstalking und der antifaschistische Kontext, der sich auch auf die Auswahl von Beispielen für die möglichen Gefahren niederschlug.“
„Mündigkeit“ ist zunächst ein Rechtsbegriff. Er bedeutet, dass ein Mensch verantwortlich für sein Leben ist. Historisch leitet er sich ab von altdeutsch Munt, der Bezeichnung für die Verantwortung des früheren Hausherren über seine Frau, Kinder und Gesinde. Mündig konnten damals nur Männer werden, nämlich dann, wenn sie aus der Munt des Vaters heraustraten und für ihr eigenes Leben Verantwortung übernahmen. Frauen gingen über von der Munt des Vaters in die Munt des Ehemannes. Heute ist Mündigkeit vor allem ein rechtlicher Status, der einem Menschen z.B. das Wahlrecht oder das Recht, die Ehe einzugehen, zuspricht.
Mündig sein bedeutet, Verantwortung für das eigene Leben zu tragen.
Neben der rechtlichen Bedeutung gibt es auch eine philosophische Definition von Mündigkeit. Immanuel Kant griff den rechtlichen Begriff auf und wendete ihn auf eine ganze Gesellschaft an. Er vergleicht die Geschichte der Menschheit mit dem Heranreifen eines Kindes. Damit legte die Aufklärung die Grundlagen der modernen Demokratie.
Wir tragen also doppelte Verantwortung: Für unser eigenes Leben und für den Fortbestand unserer Gemeinschaft. Dieser Verantwortung müssen wir uns bewusst sein, vor allem dann, wenn wir uns im Internet bewegen. Denn wir tragen ebenfalls Verantwortung für den Fortbestand unserer Kommunikationsgemeinschaft..
Doch Kant warnte damals schon, dass es nicht möglich sei, ad hoc mündig zu werden, wenn man zuvor noch gar nicht frei war. Mündigkeit ist Übungssache. Auch in der digitalen Welt: Menschen werden mit unfreier und komplizierter Software konfrontiert, die ihnen gar nicht die Möglichkeit bietet, deren Funktionsweise zu studieren. Der Umgang mit dem Computer wird oft nur minimal und oberflächlich antrainiert und später nicht mehr hinterfragt.
Meist nehmen wir gar nicht mehr so deutlich wahr, wo und wie wir überall entmündigt werden. Wenn wir einen Kredit nicht erhalten, weil uns eine Datenbank (anhand der statistischen Eigenschaften unserer Nachbarn) als nicht zuverlässig eingestuft hat, oder einen Job nicht antreten dürfen, weil wir vermeintlich Asthmatiker sind (dabei hatten wir nur für den Vater die Medikamente gekauft): Wir kennen diese Gründe nicht und können daher nicht beurteilen, wie sehr die weltweite Datensammlung schon unseren Alltag beeinflusst.
Wie soll man da noch Verantwortung für das eigene Leben übernehmen?
Um im großen Datendickicht den Überblick zu wahren, wird im Internet – auch zu unserem Nutzen – vieles für uns personalisiert. Beispielsweise die Suchergebnisse, werden von der Suchmaschine auf uns optimiert. Das ist praktisch, denn so findet man viel schneller das, was man wirklich sucht. Doch es ist auch problematisch, da wir meist nur stets das angezeigt bekommen, was wir schon kennen.
Eli Pariser nennt das die „Filterblase“. Treffer, die unsere Gewohnheiten angreifen, oder eine Gegenposition zu unserer Meinung darstellen, sehen wir immer seltener. Und so bewegen wir uns mehr und mehr in einer Umgebung, die nur scheinbar neutral die Realität darstellt: In Wirklichkeit befinden wir uns in einer Blase, die uns die eigene Weltvorstellung als allgemeingültig vorspielt. Und das ist Gift für einen freien Geist, der sich ständig hinterfragen und neu ausrichten können möchte. In Konflikten liegt großes Wachstumspotential, um das wir uns berauben, wenn wir vor lauter Bequemlichkeit andere Meinungen einfach ausblenden.
Gegen Personalisierung und heimliche Entmündigung können wir uns zunächst nicht wehren. Daher ist es besonders wichtig, sich diese Phänomene stets ins Bewusstsein zu rufen. Wer sich dabei erwischt, ein Google-Ergebnis unterbewusst als „neutrale Suche“ verbucht zu haben, ist schon einen Schritt weiter, als wer noch immer glaubt, sie sei tatsächlich neutral.
Der erste und wichtigste Schritt in die digitale Mündigkeit ist Verantwortungsbewusstsein. Verantwortung tragen bedeutet nicht, immer alles richtig zu machen, sondern die richtigen Fragen zu stellen und sich mit den Konsequenzen des eigenen Handelns zu konfrontieren. Machen Sie sich stets bewusst, wie viel Ihnen nicht bewusst ist und verhalten Sie sich entsprechend. Unterstützen und schützen Sie Strukturen, die Transparenz und Offenheit ermöglichen, und hinterfragen Sie Strukturen, die Ihnen vorschreiben wollen, was Sie tun oder denken sollen. Üben Sie sich in Eigenwilligkeit, wenn Ihnen Technik Vorschriften machen möchte. Besonders wichtig dabei: Üben Sie, auch Menschen oder Systeme zu hinterfragen, denen Sie vertrauen. Das ist besonders schwer, aber genau hier sind sie besonders leicht hinters Licht zu führen.
„Digitale Mündigkeit heißt nicht nur den Hebel drücken“ Interview in merz 2018/04. Ganzer Artikel als PDF
„EU-Urheberrechtsreform:Der Pyrrhussieg der Verlage“ Kommentar in Blätter für deutsche und internationale Politik, 5'19. Ganzer Artikel als PDF
„Your Picture Is Watching You“ Artikel in medien concret, Magazin für Pädagogische Praxis, 2014. Ganzer Artikel als PDF
„Der ganze Strudel strebt nach oben; Du glaubst zu schieben, und du wirst geschoben.“ (Goethe, Faust I). – Technikpaternalismus und Digitale Mündigkeit. Prof. Dr. Hans-Joachim Petsche, Leena Simon; in: Banse, G.: Neue Medien – Hoffnungen, Befürchtungen, Realitäten. Berlin 2013
„Auch Mathe kann sexistisch sein“: Artikel von Leena Simon in Feministische Perspektiven auf Überwachung vom 18.01.2019
„Staat im Selbstzerstörungsmodus"; Text von Leena Simon in der tageszeitung vom 07.09.2013
„iPhone, also bin ich“; Protagonistin im Spiegeltitel vom 02.07.2012
„Netzphilosophin: Arbeitet Katy Perry für die NSA?“ in der Osnabrücker Zeitung 12.03.2014
Das Inverse Panoptikum von Thomas Barth
Digitale Selbstverteidigung von Digitalcourage
Tausche Bürgerrechte gegen Linsengericht von Rena Tangens
Kollateralschäden des Urheberrechts von Leena Simon
Feminismus für Kerle von einem Kerl von feminism101
Digitalsteuer – Wie Deutschland es wieder einmal verhorstet hat von Sascha Lobo
Media impartiality is a problem when ignorance is given the same weight as expertise von James O’Brien 2018
Überwachung macht uns krank im Kopf von Leena Simon und Sarah Dörpinghaus, 2014
Vortrag zu Digitaler Mündigkeit von Leena Simon auf dem 29. Chaos Communication Congress
Quelle: Internet Vortrag auf dem ChemnitzerLinuxTag 2014
„Hacking Philosophy“ Vortrag auf der Lima 2013
„Die Macht der zweiten Person“ Vortrag auf der OpenMind 2012
„Zwischen Meinungsfreiheit und Hate Speech“ Diskussion beim Zündfunk Netzkongress 2015
„Frauen, Gleichberechtigung und (Freie) Software“ Vortrag auf den Chemnitzer Linux-Tagen 2010
Leena Simon
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